Rahmenbedingungen für die Arbeit mit Freiwilligen
Menschen, die sich freiwillig – formell oder informell – im Sozialbereich engagieren, stellen ihre Zeit und ihr Können unentgeltlich zur Verfügung. Dieses Engagement ist zwar kostenlos, keineswegs aber selbstverständlich. Viele Organisationen profitieren vom Engagement zahlreicher Freiwilliger und ihr Einsatz ist von unschätzbarem Wert für die Gesellschaft. Um freiwilliges Engagement zu fördern, neue Freiwillige zu gewinnen und freiwillige MitarbeiterInnen über einen längeren Zeitraum in eine Organisation einzubinden, bedarf es guter Rahmenbedingungen. Auch wenn Freiwilligenarbeit nicht den Kriterien eines „normalen“ Arbeitsverhältnisses entspricht, sind dennoch gewisse Richtlinien erforderlich, um das Gelingen und die Qualität der Zusammenarbeit sicher zu stellen.
Die im folgenden Abschnitt angeführten Rahmenbedingungen bzw. Qualitätskriterien wurden vom FZW Freiwilligenzentrum Wels übernommen. Diese Rahmenbedingungen können den Organisationen als Unterstützung und Anregung dienen, um die Tätigkeitsbereiche der Freiwilligen attraktiv und effizient zu gestalten.
Attraktivität des Aufgabenbereiches
Um Menschen zu finden, die ihre Zeit und ihre Fähigkeiten kostenlos zur Verfügung stellen, bedarf es einiger Überzeugungsarbeit. Die Angebote müssen die Bedürfnisse der Freiwilligen ansprechen und ihnen anstatt eines materiellen Lohnes ideellen Gewinn versprechen. Die wenigsten Freiwilligen bieten ihre Dienste aus Pflichtgefühl an. Viele von ihnen möchten vielmehr neue Erfahrungen machen, Verantwortung übernehmen und aktiv an der Organisationsentwicklung teilnehmen. Eine attraktive Aufgabengestaltung, die auch Spaß machen kann und deren Sinn klar erkennbar ist, sollte deshalb beachtet werden.
Genaue Aufgabenbeschreibung
Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Freiwilligen sind transparente Organisationsstrukturen und die genaue Festlegung der zu erfüllenden Aufgaben inklusive der Festlegung der Kompetenzen. Es ist sinnvoll, fixe Einsatzzeiten festzulegen und diese entsprechend zu dokumentieren. Eine genaue Tätigkeitsbeschreibung schützt beide Seiten vor Missverständnissen und Überforderung und wirkt einer Unklarheit über die eigenen Aufgaben entgegen.
Einarbeitung und Probezeit
Ein guter Einstieg in die freiwillige Tätigkeit wird durch eine Einarbeitungsphase unterstützt. Freiwillige können sich so unverbindlich Einsatzbereiche ansehen und feststellen, ob diese ihren Vorstellungen und Fähigkeiten entsprechen. Es ist sinnvoll, zu Beginn der Tätigkeit eine Probezeit zu vereinbaren, nach deren Ablauf beide Seiten entscheiden können, ob sie miteinander weiterarbeiten möchten.
Begleitung
Um bei Problemen nicht allein dazustehen, benötigen die Freiwilligen eine feste Ansprechperson, die mit allen Belangen der Freiwilligentätigkeit in der Organisation vertraut ist. Neben dieser Begleitung sollten regelmäßige Gespräche mit anderen Freiwilligen angeboten werden. Wenn die Möglichkeit vorhanden ist, sollte den Freiwilligen in bestimmten Einsatzbereichen bei Bedarf auch Supervision angeboten werden.
Verantwortung und Mitbestimmung
Schon zu Beginn sollte besprochen werden, welchen Verantwortungsgrad die Freiwilligen übernehmen können, inwieweit sie selbst Entscheidungen treffen möchten und dürfen. Außerdem sollten auch die Möglichkeit der Mitbestimmung und der Umsetzung eigener Vorstellungen geregelt werden.
Kostenerstattung
Damit den Freiwilligen ihr unentgeltliches Engagement nicht noch etwas kostet, sollte sichergestellt werden, dass die zur Erledigung der Tätigkeit notwendigen Kosten (Material-, Fahrt- und Portokosten etc.) von der Organisation übernommen werden.
Versicherung
Um die Organisation und die Freiwilligen zu schützen, sollte auf ausreichenden Versicherungsschutz geachtet werden. Eine Haftpflichtversicherung der Organisation sollte auch für alle Schäden aufkommen, die durch Freiwillige während des Einsatzes entstehen. Es empfiehlt sich außerdem eine Unfallversicherung für die Freiwilligen abzuschließen.
Weiterbildung
Um die qualitativen Standards einer Einrichtung (auch im Vergleich mit anderen) zu halten und zu verbessern, ist die Weiterbildung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unumgänglich. Dies gilt selbstverständlich auch für die Freiwilligen. Zudem tragen Fortbildungsangebote auch für Freiwillige dazu bei, dass diese sich als Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ernstgenommen fühlen.
Ausstieg
Eine Besonderheit einer freiwilligen Tätigkeit ist, dass sie jederzeit beendet werden kann. Gleich zu Beginn sollte dennoch ein „Aussteigemodus“ vereinbart werden, der einen gleitenden und reibungslosen Ausstieg ermöglicht.
NACHWEIS ÜBER FREIWILLIGE TÄTIGKEITEN
Freiwillige entwickeln und bereichern mit ihrem vielfältigen Engagement unentgeltlich und gemeinwohlorientiert unser soziales und kulturelles Leben sowie unseren politischen und wirtschaftlichen Alltag. Aber Freiwillige verändern und entwickeln sich dabei auch selbst, denn ihr Engagement ist auch ein Ort des Lernens und der Bildung, ein Ort der Persönlichkeitsentwicklung und des Erwerbs von Kompetenzen.
Der NACHWEIS ÜBER FREIWILLIGE TÄTIGKEITEN soll diese erworbenen Kompetenzen bewusst und damit auch besser nutzbar machen - zB für die persönliche Weiterentwicklung, für Orientierungsprozesse im Engagement, für Bewerbungen am Arbeitsmarkt. Der auf Initiative des österreichischen Freiwilligenrates im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (www.freiwilligenweb.at) entwickelte FREIWILLIGENPASS wird durch das Freiwilligenzentrum Wels ausgehändigt und ausgestellt. Ein aktueller Bezugspunkt für den Nachweis über freiwillige Tätigkeiten ist die österreichische Strategie zum lebensbegleitenden Lernen "LLL: 2020", die auch auf die Entwicklung und Umsetzung von Angeboten zum Erkennen und Anerkennen des Lernens im Engagement zielt. Der Nachweis über freiwillige Tätigkeiten bietet eine Möglichkeit, die im Engagement erworbenen KOMPETENZEN im Dialog zwischen Freiwilligen und Freiwilligenkoordinator systematisch zu erkunden und zu dokumentieren.
Anerkennung
Die unentgeltlichen Dienste der Freiwilligen sollen nicht nur stillschweigend als Geschenk entgegen genommen werden. Die Anerkennung soll auch gezeigt werden. Dies sollte nicht nur auf eine jährliche „Dankeschön“–Veranstaltung beschränkt sein, sondern im täglichen Umgang miteinander deutlich werden.
Pflichten der Freiwilligen
Neben den genannten Rechten der freiwilligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die von den Rahmenbedingungen abgeleitet werden können, gibt es auch „Pflichten“, die klar geregelt sein müssen. Es kann sich als sinnvoll erweisen, diese Rechte und Pflichten mittels einer Einsatzvereinbarung schriftlich festzuhalten. Freiwillige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verpflichten sich ebenso wie bezahlte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zur Verschwiegenheit, welche alle Informationen, die sie im Rahmen der freiwilligen Tätigkeit erfahren, umfasst. Darüber hinaus verpflichten sie sich, im Interesse der Organisation mit der nötigen Sorgfalt zu handeln und die vereinbarten Abmachungen einzuhalten.